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Recht & Haftung für Tourenguides

In diesen FAQs wird das Thema "Recht & Haftung für Tourenguides“ vom Österreichischen Alpenverein, Abteilung Bergsport, aufgegriffen und ausführlich bearbeitet.

ER DARF ALLES. ALLES, WAS ER KANN! Nicht erlaubt ist ihm die Übernahme von Auf-gaben, die seine Fähigkeiten übersteigen. Als Tourenführer muss er seiner Aufgabe gewachsen sein und über die sportmotorischen, sicherheitstechnischen und sozialen Kompetenzen verfügen, die er in seiner Funktion als Führer oder Ausbilder benötigt. Das bedeutet, dass er in der jeweiligen Bergsportdisziplin erfahren und mit den aktuellen Sicherheitsstandards vertraut sein muss und auch im Notfall Hilfe leisten kann. Sein Wissen und seine Fähigkeiten müssen dem Stand der Technik entsprechen. 

Wer eine verantwortliche Rolle ohne dieser Aufgabe angemessene Fähigkeiten über-nimmt, begeht in der Sprache der Juristen eine „Einlassungsfahrlässigkeit“. 

Tourenführer dürfen ihre Tätigkeit auch nicht erwerbsmäßig ausüben, da dies in Österreich den autorisierten Berg- und Schiführern, den autorisierten Bergwanderführern und - in einigen Bundesländern - den autorisierten Sportkletterlehrern vorbehalten ist. So heißt es in den Bergsportführergesetzen der Bundesländer: 
„In- und ausländische alpine Vereine dürfen Bergsportführertätigkeiten ausüben, wenn a) diese Tätigkeiten ausschließlich für Mitglieder und ausschließlich durch Mitglieder des be-treffenden Vereines ausgeübt werden und b) weder den Mitgliedern, die diese Tätigkeiten ausüben, noch dem betreffenden Verein ein den Aufwand übersteigendes Entgelt zukommt.“ Kurzum: Spesenersatz JA (Spesenersatz ist kein Widerspruch zur Ehrenamtlichkeit), Honorar NEIN. 

NEIN. Es gibt in Österreich weder Gesetze noch Verordnungen, die für das ehrenamtliche Führen, Begleiten oder Ausbilden in alpinen Vereinen bestimmte Ausbildungs-Qualifikationen definieren oder vorschreiben. Das Gericht wertet auch nicht den formalen Ausbildungsstand, sondern bewertet das konkrete Verhalten. Die 2012 im Alpenverein eingeführte Vorgabe, dass mit der Funktion „Tourenführer“ eine Qualifikation (Übungs-leiter, Instruktor etc.) verbunden sein muss, ist ein vereinsinterner Qualitätsstandard ohne rechtliche Bindung. 

ABER: Immer gilt der Rechtsgrundsatz, dass ich zur Sorgfalt verpflichtet bin! Ich darf nur für etwas die Verantwortung übernehmen, für das ich über die notwendigen Kompetenzen verfüge. Ob diese durch Erfahrung, Selbststudium, im Freundeskreis oder durch eine spezifische Ausbildung erworben wurden, ist aus juristischer Sicht sekundär. 

JA. Die Berge sind kein rechtsfreier Raum. Wer bewusst eine Führungsaufgabe im Alpinsport übernimmt, ist zur Sorgfalt verpflichtet. Nach einem Unfall bei dem eine Person zu Schaden kommt (verletzt wird oder stirbt) sind Polizei und Staatsanwalt vom Gesetz her verpflichtet, Ermittlungen aufzunehmen und ein Strafverfahren einzuleiten. Dabei kann auch ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden. Geht der Staatsanwalt, nach Einholung aller Beweisergebnisse (z.B. Einvernahmen, Lichtbilder, Gutachten), davon aus, dass kein vorwerfbares fehlerhaftes Verhalten vorliegt, wird das Verfahren eingestellt. Ansonsten wird ein Strafantrag bei Gericht eingebracht – der bisher „Beschuldigte“ wird nun zum „Angeklagten“ – und das Gericht entscheidet darüber mit Schuldspruch oder Freispruch. 

Im Gegensatz zum Strafverfahren ist im Zivilverfahren die Eigeninitiative des Verletzten (Klägers) notwendig. Zur Geltendmachung seiner Schadenersatzansprüche (z.B. Schmerzengeld, Behandlungskosten, Verdienstentgang) muss er selbst Klage erheben. 

Personen, die im Auftrag des Alpenvereins arbeiten, sind über diesen haftpflicht-versichert. Die Haftpflichtversicherung deckt dabei sämtliche Ansprüche bis zu einer Summe von € 15 Millionen. Im Gegensatz dazu ist es nicht möglich, sich gegen die Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung (Geldstrafe, Freiheitsstrafe) zu versichern. Sehr wohl versichert sind auch im Strafverfahren die Rechtskosten, die für Anwalts- oder Sachverständigentätigkeit entstehen. 

Die aus einer strafrechtlichen Verurteilung resultierende Geldstrafe wird in „Tagessätzen“ bemessen. Für jedes Delikt ist im Gesetz ein Strafrahmen vorgegeben, innerhalb dessen die Anzahl der Tagessätze durch die Schwere der Straftat und die Schuld des Täters bestimmt wird. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes richtet sich nach den individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Der Mindesttagsatz beträgt € 4,- der höchste € 5.000,-. 

SEHR SELTEN. In den letzten 25 Jahren ist es im Rahmen von organisierten Alpenvereinstouren zu einer einzigen Verurteilung wegen „Gefährdung der körperlichen Sicherheit“ und „fahrlässiger Körperverletzung“ gekommen. Damals, 1995, hatte ein Lehrwart im Rahmen einer Jugendleiter-Ausbildung drei Kursteilnehmer (17/17/18 Jahre alt) bei starkem Nebel zurückgelassen und die Skitour bis zum Gipfel fortgesetzt. Die drei verloren die Orientierung und biwakierten notdürftig in einem Holzverschlag knapp unterhalb des Gipfels, wo sie um 03:00 Uhr nachts von der Bergrettung unverletzt, eine Teilnehmerin mit leichter Unterkühlung, aufgefunden wurden. Der Ausbilder wurde zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen á 30 Schilling verurteilt. 

In zwei weiteren Fällen in den letzten 25 Jahren kam es zu einem Strafverfahren gegen Tourenführer. Einer (Lawine, ein Toter) endete mit einem Freispruch, der zweite (Absturz, Querschnittlähmung) wurde mittels „Diversion“ beendet. 

Mit einer Diversion kann ein Strafverfahren enden, wenn der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, die Tat nicht mit Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren sanktioniert ist, die Schuld als gering anzusehen ist und kein Mensch zu Tode kam (Ausnahme: wird der Tod eines Angehörigen fahrlässig herbeigeführt, ist eine Diversion möglich). Eine Diversion gilt nicht als strafgerichtliche Verurteilung und scheint daher nicht im Strafregisterauszug auf. Eine Diversion wird durch den „außergerichtlichen Tatausgleich“, die Erbringung gemeinnütziger Leistungen, die Bezahlung einer Geldbuße oder die Einstellung gegen eine Probezeit durchgeführt. 

JA. Jeder Tourenführer ist als Mitglied automatisch haftpflicht- und rechtsschutz-versichert. Automatisch heißt, dass er nichts unternehmen muss, um diesen Versicherungsschutz zu aktivieren. Die Schadenssumme der Haftpflichtversicherung beträgt € 15 Mio, die der Rechtsschutzversicherung € 50.000,- pro Schadensfall. Darüber hinaus besteht für alle Mitglieder die Freizeit-Unfallversicherung zur Deckung von Kosten für Bergung, Rückholung und Heilbehandlung im Ausland. Auch die tageweise Kasko-Versicherung für den PKW kann vom Tourenführer in Anspruch genommen werden. 

Nicht möglich ist es, sich gegen die Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung zu versichern. Im Falle eines Schuldspruches in einem Strafverfahren müsste ein Tourenführer die verhängte Geldstrafe selbst tragen. Die Höhe der im Falle eines Schuldspruchs möglichen Geldstrafe ist gering und richtet sich nach der Schwere des Verschuldens und den Einkommensverhältnissen des Angeklagten. Sehr wohl versichert sind im Strafverfahren die Gerichts- und Anwaltskosten. 

HÖFLICH UND KOOPERATIV. Nach einem Unfall ermittelt immer die Polizei, bei alpinen Unfällen sind dies meist speziell ausgebildete „Alpinpolizisten“. Die Alpinpolizei hat den Auftrag, nach einem Unfall die Fakten zum Unfallhergang zu erheben, Beteiligte bzw. Zeugen einzuvernehmen sowie Daten zum Unfallort aufzunehmen. Die Polizei hat dabei objektiv und ohne Bewertung zu ermitteln und auch alle entlastenden Fakten aufzunehmen. Die rechtliche Beurteilung wird nicht von der Polizei vorgenommen, sondern obliegt einzig dem Staatsanwalt bzw. dem Gericht. Erhebungen zum Unfall soll die Polizei möglichst zeitnah zum Unfall durchführen – auch die Einvernahme des Tourenführers. Vorab ist der Tourenführer deutlich auf seine Rechte hinzuweisen und es ist ihm mitzuteilen, in welcher Rolle er einvernommen wird - ob als „Beschuldigter“ oder als „Zeuge“. Als Beschuldigter hat er das Recht, seine Einvernahme erst nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt zu machen. Das Protokoll der Vernehmung wird ein Bestandteil des Akts und ist ein wichtiges Beweismittel! Daher empfiehlt der Alpenverein: 

Vor der Einvernahme durch die Alpinpolizei unbedingt über die Alpenverein-Notfall-Hotline die Rechtsberatung aktivieren! 

Das Gesetz sagt klar: „Niemand muss sich selbst belasten“ - und: „Ich habe das Recht, die Aussage zu verweigern.“ Trotzdem sind alle Beteiligten angehalten, die Wahrheit auszusagen, um das Geschehen aufklären zu können. Eine falsche bzw. eine nicht vollständige Zeugenaussage ist kein Kavaliersdelikt, sondern wird im Gesetz mit Strafe bedroht. 

JA. Die sogenannte „ÖAV-Notfall Hotline“ ist ein Service exklusiv für Tourenführer und Jugendleiter (bzw. Funktionäre). Der Anruf unter der Hotline-Nummer wird vom Call-Center des ÖAMTC (24 Stunden, 7 Tage die Woche) entgegen genommen. Wenige Fragen zum Unfall werden von ÖAMTC-Mitarbeitern in einem Online-Formular erfasst und an das Bereitschaftsteam weiter geleitet. Ein Mitglied dieses Teams ruft den Betroffenen zurück und organisiert die notwendigen Maßnahmen: 

- Rechtsberatung, telefonisch oder vor Ort 
- Entsendung eines privaten Sachverständigen, der vor Ort eigene Erhebungen durchführt 
- Psychologische Betreuung durch Mitarbeiter des Notfallpsychologischen Dienstes (NDÖ) 
- Pressearbeit 

Auf der Rückseite des Funktionärsausweises für Tourenführer und Jugendleiter, der jährlich zugesendet wird, ist die Notrufnummer abgedruckt. Alle Leistungen sind für den Tourenführer und die Sektion kostenlos. 

JA. Dein Versicherungsschutz als Tourenführer bezüglich Haftpflicht- und Rechtschutz-versicherung sowie Bergekosten etc. besteht unabhängig davon, ob deine Teilnehmer Mitglieder oder Nicht-Mitglieder sind. Für Nicht-Mitglieder besteht jedoch kein Versicherungsschutz durch den Alpenverein. Bei Nicht-Mitgliedern müssten die Hubschrauberkosten im Falle eines Unfalles selbst oder von einer privaten Versicherung gedeckt werden. Genau für diese „Schnupperveranstaltungen“ bzw. Noch-Nicht-Mitglieder wurde 2016 eine „tageweise Unfall- und Haftpflichtversicherung für Nicht-Mitglieder“ eingeführt (für max. 7 Tage pro Jahr). 

NEIN. Allerdings gibt es auch bei der privaten Bergsportausübung Sorgfaltspflichten. Das ist auch richtig und einsichtig, man denke z.B. an Unternehmungen mit Kindern oder Anfängern oder wenn ich meinen Partner beim Klettern sichere. 

Aber: Bloßes Vorangehen, höherer Ausbildungsstand und größere alpine Erfahrung reichen für sich alleine nicht aus, um als „Führer aus Gefälligkeit“ zu gelten. Ein Führer aus Gefälligkeit kann vorliegen, wenn: 
- die Führungsrolle ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen übernommen wird und der Begleiter ihm diese Verantwortung überträgt 
- der Führer über deutlich mehr alpine Erfahrung oder Können verfügt 
- dem Führer die Entscheidungskompetenz über Routenverlauf, verwendetes Material, Sicherungstechniken zukommt 
- der Führer über Fortführung und Abbruch der Tour entscheidet 
- der Führer über ausgeprägte Gebietskenntnis verfügt oder die Bergfahrt organisiert. 

In der Geschichte der alpinen Rechtsprechung in Österreich gab es bisher eine einzige Verurteilung „eines Führers aus Gefälligkeit“ - in dem berühmten „Piz Buin-Urteil“ 1998. Kläger und Beklagter unternahmen damals eine Tour auf den Piz Buin. Der Kläger hatte keine alpine Erfahrung, der Beklagte wies Kletter- und Gletschererfahrung auf sowie Erfahrung im Umgang mit Steigeisen. Der Beklagte übernahm alle planerischen und organisatorischen Aufgaben. Beim Auf- und Abstieg leistete der Beklagte dem Kläger mehrmals Hilfe. Vor der Absturzstelle legte sich der Beklagte Steigeisen an und übergab dem Kläger den Pickel. Eine Sicherung mittels Seil wurde nicht angewendet. Der Kläger äußerte Bedenken, da er über keine Steigeisen verfügte, dennoch wurde er vom Beklagten vorausgeschickt, wobei dieser die Stelle zudem verharmloste. Beim Queren eines steilen Schneefeldes rutschte der Kläger aus, stürzte ca. 100 m ab und verletzte sich dabei schwer. Im Zivilverfahren stellte der Oberste Gerichtshof als letzte Instanz fest, dass der Beklagte in diesem konkreten Fall die Rolle eines „faktischen Führers“ bzw. eines „Führers aus Gefälligkeit“ ausgeübt habe. 

ALLES. Alles, was er kann. Es besteht keinerlei Unterschied zwischen Tourenführer und Tourenführer-Anwärter, was ihre Verantwortung bzw. die Sorgfalt betrifft. Das heißt, er muss imstande sein, die Sicherheitsansprüche und Sicherheitserwartungen der Teilnehmer zu erfüllen. Wer eine Bergtour führt oder einen Kurs leitet, muss mit den aktuellen Sicherheitsstandards vertraut sein und die gebotenen Sorgfaltsansprüche erfüllen. 

Im Interesse des Alpenvereins liegt es selbstverständlich, dass Tourenführer-Anwärter die Qualifikation Instruktor, Übungsleiter oder eine adäquate Qualifikation anstreben und so die Funktionsbezeichnung „Tourenführer“ erwerben. 

Der Grundsatz – „in der Gruppe zusammenbleiben“ – hat seine volle Berechtigung und soll unser erstes Leitmotiv sein. Ausnahmen von dieser Regel sind dann möglich, wenn es sich um erwachsene, gesunde, gut ausgerüstete Personen handelt, kein Wetterrisiko besteht und eine Rückkehr in absehbarer Zeit zu erwarten ist (ein typisches Beispiel wäre das Alleinlassen von Gruppenmitgliedern bei einem Skidepot). Ist ein gefahrloses Zurücklassen nicht möglich, muss mit der gesamten Gruppe umgekehrt werden. 

Einen Teilnehmer allein zurückzuschicken kann nur in seltenen, absolut ungefährlichen Situationen in Betracht gezogen werden. Unsere Entscheidungen diesbezüglich werden seitens der Gerichte immer situationsabhängig bewertet, eine völlig eindeutige Definition, wo die Grenze des Erlaubten endet, kann nicht erwartet werden. 

Leitsatz: Als Tourenführer schulden wir unseren Teilnehmern nicht das Erreichen eines Tourenziels, sondern, dass wir alle Teilnehmer wieder gesund zurückbringen. 

NEIN. Wir haben auch keine legitimen Mittel, erwachsene Menschen, die sich z.B. eigen-mächtig von der Gruppe trennen, zu Handlungen zu zwingen. In einer solchen Konflikt-situation ist es aber richtig und notwendig, den Betreffenden vor der Gruppe auf die be-stehenden Risiken hinzuweisen und ihn darauf aufmerksam zu machen, dass man ihn aus der Verantwortung entlassen muss und er somit die alleinige Verantwortung für seine Sicherheit trägt. Im Hinblick auf ein allfälliges späteres Straf- oder Zivilverfahren sollten diese Äußerungen deutlich und – wenn möglich – vor Zeugen gemacht werden. 

Dein Verhalten wird mit dem Verhalten der sogenannten „Maßfigur“ verglichen. Der juristische Begriff „Maßfigur“ bezeichnet eine fiktive Person aus dem Tätigkeitsbereich des Beschuldigten, der sich „durchschnittlich sorgfältig“ verhält. Ein Tourenführer wird dabei mit einem Tourenführer, ein Bergführer mit einem Bergführer verglichen. Im konkreten Fall wird daher geprüft, wie sich eine Person aus dem „Verkehrskreis“ des Beschuldigten (z.B. aus dem Kreis der Tourenführer) und ausgestattet mit seinem Spezialwissen, in der konkreten Situation verhalten hätte. 

Dein Verhalten wird mit dem Verhalten der sogenannten „Maßfigur“ verglichen. Der juristische Begriff „Maßfigur“ bezeichnet eine fiktive Person aus dem Tätigkeitsbereich des Beschuldigten, der sich „durchschnittlich sorgfältig“ verhält. Ein Tourenführer wird dabei mit einem Tourenführer, ein Bergführer mit einem Bergführer verglichen. Im konkreten Fall wird daher geprüft, wie sich eine Person aus dem „Verkehrskreis“ des Beschuldigten (z.B. aus dem Kreis der Tourenführer) und ausgestattet mit seinem Spezialwissen, in der konkreten Situation verhalten hätte. 

Verantwortliche bei Bergsportaktivitäten könnten mit folgenden Tatbeständen aus dem Strafgesetzbuch (StGB) konfrontiert werden: 

fahrlässige Körperverletzung (§ 88 StGB) 
„Wer fahrlässig einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.“ 
Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt (§ 6 StGB). „Wer grob fahrlässig […] einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“ 

fahrlässige Tötung (§ 80 StGB) 
„Wer fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat den Tod mehrerer Menschen zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“ 

Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB) 
„Wer vorsätzlich, grob fahrlässig oder fahrlässig […] eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tages-sätzen zu bestrafen.“ 

Fahrlässige Gemeingefährdung (§ 177 StGB) 
„Wer […] fahrlässig eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tages-sätzen zu bestrafen.“ Eine größere Anzahl von Menschen beginnt ab 10 Personen, fremdes Eigentum in großem Ausmaß beginnt bei € 50.000,-. 

Hinweis: Freiheitsstrafen nach Bergsportunfällen wurden bisher immer bedingt ausgesprochen, das bedeutet, sie wurden für eine Probezeit nachgesehen. 

Für Alpinunfälle gelten die allgemeinen Bestimmungen des Zivil- und Strafrechts. Es gibt im Bergsport keine Sondergesetze oder Verkehrsnormen wie z.B. die FIS-Regeln im Skisport. Was es aber im Bergsport gibt, sind „allgemein anerkannte Verhaltens-empfehlungen“ (z.B. die „Kletterregeln“), die sich in der Praxis bewährt haben, die über Jahre schriftlich und mündlich kommuniziert wurden und in der Ausbildung vermittelt werden. 

Aufgabe des Sachverständigen ist es, dem Gericht diese „Lehrmeinung“ darzulegen und das konkrete Verhalten aus bergsportlicher und führungstechnischer, nicht aber aus juristischer Sicht, zu bewerten. Dass aus einer Empfehlung der Alpinverbände eine „Verkehrsnorm“ aus juristischer Sicht werden kann ist möglich. So gibt es mittlerweile juristische Entscheidungen, in denen die Gerichte davon ausgingen, dass der „Partnercheck“ bereits „Verkehrsnormcharakter“ hat. 

Aufgabe von Staatsanwalt und Richter ist die juristische Beurteilung, ob ein eventuelles Fehlverhalten des Beschuldigten oder Angeklagten in der konkreten Situation unfallkausal und persönlich vorwerfbar war und ob dadurch der Tatbestand der „Fahrlässigkeit“ gegeben ist. 

Im Strafgesetzbuch (StGB, § 6. (1)) wird Fahrlässigkeit folgendermaßen definiert: „Fahr-lässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist […].“ 

Im Gerichtsverfahren wird jenes Maß an Sorgfalt geprüft, das ein besonnener und ein-sichtiger Mensch in der Lage des Beschuldigten aufwenden würde, um einen Schaden (Verletzung, Tod) zu vermeiden. Nur weil eine Entscheidung oder eine Handlung nicht optimal war, bedeutet das noch nicht, dass ich fahrlässig gehandelt habe und damit strafrechtlich verantwortlich bin. Entscheidend ist, ob eine getroffene Entscheidung nachvollziehbar und vom Unfallszeitpunkt aus gesehen vertretbar war, wobei ein fahrlässiges Verhalten auch dem sorgfältigsten Menschen einmal passieren kann. 

In erster Linie ist die Gruppengröße ein wichtiger Baustein der Unfallprävention und eines positiven Bergerlebnisses. Gesetzliche Regelungen betreffend die Gruppengröße gibt es nicht. Allerdings gibt es Empfehlungen, z.B. maximal 8 plus 1 für Skitouren. Aber: ein Überschreiten dieser empfohlenen Obergrenzen allein begründet noch keine Schuld. Eine zu große Gruppe kann nur dann strafrechtlich relevant werden, wenn die Gruppengröße „unfallkausal“, das heißt, ursächlich für den konkreten Unfall war. Dazu drei konstruierte Unfallbeispiele: (1) Ein Tourenführer betreut allein 16 Kinder oder auch Erwachsene bei 8 einem Kletter-Grundkurs. (2) Ein Tourenführer führt 5 Mitglieder auf den Großglockner. (3) Auf einer Skitour geht ein Teilnehmer „verloren“, was aufgrund schlechter Sicht und der Gruppengröße von 15 Teilnehmern unbemerkt bleibt. 

In den Bergführergesetzen heißt es dazu: „Ein Berg- und Skiführer hat die Höchstzahl der zu führenden Personen unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und der Schwierigkeit der geplanten Berg- oder Skitour so festzusetzen, dass die körperliche Sicherheit seiner Gäste gewährleistet ist.“ 

Achtung: Zu große Gruppen sind im Alpenverein leider immer noch ein Thema! 

Alpinreferenten sind in ihren Alpinteams u.a. dafür verantwortlich, dass ihre Mitarbeiter geeignet sind. Das heißt, sie müssen in der Lage sein, die ihnen übertragenen Aufgaben so zu bewältigen, dass die größtmögliche Sicherheit gewährleistet ist. Sicherheit ist hier umfassend zu verstehen und schließt neben den körperlichen auch moralisch-ethische und psychologisch-seelische Aspekte mit ein. 

Der Gesetzgeber spricht von „Auswahlverschulden“ (das Gegenstück zur „Einlassungs-fahrlässigkeit“), wenn z.B. ein Alpinreferent zulässt, dass ein Tourenführer eine Gruppe auf den Großglockner führt, obwohl er weiß, dass dieser keine Hochtourenerfahrung hat und dazu auch nicht fähig ist. In der Geschichte des Alpenvereins wurde noch nie ein Alpinreferent wegen „Auswahlverschulden“ verurteilt oder angeklagt. 

JA! Auch in den Bergführergesetzen heißt es: „Ein Berg- und Skiführer hat sich vor dem Antritt einer Berg- oder Skitour davon zu überzeugen, dass seine Gäste ausreichend ausgerüstet sind. Er hat die Führung von Personen abzulehnen, die mangelhaft ausgerüstet oder den Schwierigkeiten der geplanten Berg- oder Skitour offensichtlich nicht gewachsen sind.“ 

Eine sorgfältige Ausschreibung mit genauen Angaben zu den Anforderungen, sowie eine Vorbesprechung können sehr hilfreich sein, um solchen unangenehmen Situationen vorzubeugen. 

NEIN! Es ist nicht korrekt und auch unmoralisch, eine tatsächlich geführte Tour als organisierte Tour zu verschleiern, um dadurch allfälligen Haftungsansprüchen vorzubeugen. Es verfehlt zudem völlig das Ziel, da Gerichte für eine allfällige Haftung immer die konkrete Situation beurteilen. Der Eindruck, der vor Ort vermittelt wurde ist entscheidend. 

Wichtig ist, dass der Ausschreibungstext mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Es muss den Mitgliedern klar kommuniziert werden, um welchen Veranstaltungstyp es sich handelt. Wenn eine Tour als "geführte Tour" ausgeschrieben wird, dann ist der Tourenführer verantwortlich - und auch die Sektion als Veranstalter, indem sie dafür geeignete Leute einsetzt. 

Wenn es sich um „organisierte Touren“ bzw. „Gemeinschaftsfahrten“ handelt, dann sind die Teilnehmer selbst verantwortlich. Der Verein übernimmt in diesem Fall ausschließlich organisatorische Aufgaben (Anreise, Unterkunft etc.), stellt aber keine Tourenführer. Tourenziele müssen in eigener Verantwortung ausgewählt werden und Entscheidungen für die Durchführung und Machbarkeit müssen selbständig getroffen werden. 

Österreichischer Alpenverein, Abteilung Bergsport, August 2017 

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